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Wie funktionieren die Impfstoffe?


Das neuartige Coronavirus wird leider nicht mehr aus der Welt verschwinden. Noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte wurden Impfstoffe unter derartig hohem Zeitdruck entwickelt und zugelassen. Insofern lohnt es sich, einen Blick auf den aktuellen Stand der Forschung zu werfen und die bereits zugelassenen Impfstoffe auf ihre Sicherheit und Wirksamkeit zu überprüfen. Denn letztendlich haben wir nur zwei Optionen, die wir gegeneinander abwägen müssen. Lassen wir uns impfen oder warten wir auf eine Infektion?   

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Wir sprechen von sogenannter Herdenimmunität, wenn ein größerer Anteil der Bevölkerung bereits Kontakt zum Erreger hatte. Da es sich beim SARS-CoV-2 Virus um einen neuartigen Erreger handelt, der zuvor nicht unter Menschen kursierte, besteht auch keine Herdenimmunität. Werden also keine Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus eingeleitet, kann sich das Virus ungehindert ausbreiten. Früher oder später wird also jeder von uns Kontakt zum Virus aufnehmen. Da sich die Übertragung ohne Gegenmaßnahmen entsprechend schnell vollzieht, werden sich ohne Maßnahmen sehr viele Menschen mit dem Virus anstecken. Tückisch daran ist jedoch, dass ein bestimmter Anteil der Infizierten einen schweren Krankheitsverlauf entwickelt. Dieser schwere Krankheitsverlauf führt schlimmstenfalls zum Tod. Auch jüngere und nicht vorerkrankte Menschen können übrigens einen schweren Verlauf entwickeln (1, 2). Da ältere Menschen und Vorerkrankte aber ein besonders hohes Risiko haben, schwer an COVID-19 zu erkranken, trägt jeder Bürger eine soziale Verantwortung. Es ist also nahezu unmöglich, das Thema der Immunisierung durch Impfung zu ignorieren. Denn nicht nur Vorerkrankte und Ältere laufen Gefahr, ein Opfer der Pandemie zu werden. Wir alle sind auf ein funktionierendes Gesundheitssystem angewiesen. Infizieren sich sehr viele Menschen zur gleichen Zeit, von denen ein bestimmter Anteil ins Krankenhaus muss, bleibt kein Platz mehr für andere Fälle (1-4).   

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Fortschritte in der Biotechnologie haben dazu geführt, die Impfstoffentwicklung nachhaltig zu revolutionieren. Während man früher auf konventionelle Impfstoffe setzte, die aus einzelnen Bestandteilen eines Virus bestanden oder abgeschwächte Viren enthielten, konzentriert man sich heutzutage auf Impfstoffe, die nur den Bauplan für einen bestimmten Teil des Virus enthalten. Um diesen Bauplan, der in der oberen Abbildung als grünes Fragment dargestellt ist, vor dem Abbau im Körper zu schützen und ihn den Eintritt in die Zellen zu ermöglichen, benötigt man einen sogenannten Vektor. Dieser Vektor kann aus einer ungefährlichen Virushülle eines anderen Erregers stammen. Die Hülle von einem Adenovirus wird beispielsweise als Vektor bei den Impfstoffen von AstraZeneca und SputnikV eingesetzt. Dennoch enthält der Kern den Bauplan für einen bestimmten Teil des Virus. Der Einsatz dieser rekombinanten Vektor-Impfstoffe wird bereits seit längerer Zeit praktiziert. Die Technologie ist kostengünstig und für Entwicklungsländer geeignet. Deutlich teurer und innovativer sind die sogenannten mRNA Impfstoffe (BioNTech/Pfizer und Moderna). Wie in der oberen Abbildung erkennbar, wird der Bauplan in Form von mRNA eingekapselt, was zu einer stabilen Formulierung führt. Die Kapsel ist in diesem Fall also kein Vektor-Virus, sondern eine Lipid-Hülle. Also vereinfacht gesagt eine Fetthülle. Die Erforschung dieser Technologie reicht fast 30 Jahre zurück und wurde vor allem in Deutschland entwickelt. Ingmar Hoerr von CureVac ist hier zu nennen, genau wie Katalin Karikó. Ihr ist es zu verdanken, dass die Stabilität der einzelsträngigen mRNA durch den Einbau von Pseudobasen verbessert wurde. Denn man muss hierzu wissen, dass mRNA im Körper schnell abgebaut wird und sich nicht wie DNA in die Zellen integrieren kann. Um den Abbau zu verlangsamen, muss man also zwei Probleme lösen: Einerseits muss die mRNA stabilisiert und vor dem Abbau geschützt werden. Andererseits muss die mRNA, also der Bauplan für einen bestimmten Virus-Bestandteil erfolgreich in die Zellen gelangen. Nur dann kann der Körper erfolgreich den Bauplan lesen und selbst die Bestandteile des Virus herstellen. Natürlich werden vom Körper nach einer Impfung keine intakten und vermehrungsfähigen Viren hergestellt, sondern nur bestimmte Eiweiße, die an der Oberfläche der Viren sitzen (5-7).

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Diese Oberflächenproteine sitzen an der Virushülle des SARS-CoV-2 Erregers. Mit ihnen kann das Virus unseren Körper befallen. Denn an den Zellen befinden sich Rezeptoren, also Eintrittspforten, die es dem Virus ermöglichen, seinen Bauplan einzuschleusen. Im Gegensatz zu den Impfstoffen werden jedoch weitaus größere Baupläne in die Zellen eingeschleust. Diese Baupläne enthalten auch Informationen zum gesamten Virus, sodass seine Vermehrung in unzähligen Kopien überhaupt erst ermöglicht wird. Was wir mit den Impfstoffen hingegen erreichen, ist ein absolut cleverer Trick. Wir schleusen nur den Bauplan vom Spike-Protein in die Zellen ein. Unser Körper produziert daraufhin das Spike-Protein selbst. Und weil dieses Protein nicht zu unserem Körper gehört, erkennt unser scharf gestelltes Immunsystem in einer Reihe von Schritten den Eindringling, um ihn zu eliminieren und eine Art Gedächtnis auszubilden. Deshalb ist auch die Zweitimpfung so extrem wichtig, weil das erlernte Immungedächtnis einen zweiten Reiz benötigt, um anschließend einer längeren Schutz aufbauen zu können. Kommen wir nach unserer Zweitimpfung, die im Idealfall zwei Wochen hinter uns liegen sollte, mit dem Coronavirus in Kontakt, weiß unser Immunsystem sofort bescheid. Es bildet erneut Antikörper gegen das Spike-Protein des Virus und ein schwerer Krankheitsverlauf wird damit extrem unwahrscheinlich. Warum wir zukünftig Auffrischungsimpfungen benötigen, wird im Kapitel Mutationen erklärt (1-7).

Literatur

(1) Huang C, Wang Y, Li X, Ren L, Zhao J, Hu Y, et al. Clinical features of patients infected with 2019 novel coronavirus in Wuhan, China. Lancet. 2020.

(2) Cummings MJ, Baldwin MR, Abrams D, Jacobson SD, Meyer BJ, Balough EM, et al. Epidemiology, clinical course, and outcomes of critically ill adults with COVID-19 in New York City: a prospective cohort study. Lancet (London, England). 2020.

(3) The Novel Coronavirus Pneumonia Emergency Response Epidemiology Team. Vital Surveillances: The Epidemiological Characteristics of an Outbreak of 2019 Novel Coronavirus Diseases (COVID-19) — China, 2020. China CDC Weekly 2020. 2020.

(4) Cunningham JW, Vaduganathan M, Claggett BL, Jering KS, Bhatt AS, Rosenthal N, et al. Clinical Outcomes in Young US Adults Hospitalized With COVID-19. JAMA internal medicine. 2020.

(5) Beschluss der STIKO zur 4. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung und die dazugehörige wissenschaftliche Begründung. 2021.

(6) Aufklärungsmerkblatt zur Schutzimpfung gegen COVID-19 (Corona Virus Disease 2019) - mit mRNA-Impfstoffen - (Corminaty von BioNTech/Pfizer und COVID-19 Vaccine Moderna von Moderna). 2021.

(7) Aufklärungsmerkblatt zur Schutzimpfung gegen COVID-19 (Corona Virus Disease 2019) - mit Vektor-Impfstoffen - (Vaxzevria ehemals COVID-19 Vaccine AstraZeneca von AstraZeneca und COVID-19 Vaccine Janssen von Johnson & Johnson). 2021.


Abbildungen

(a) syringe icon by Servier is licensed under CC-BY 3.0

(b) mRNA_vaccine-vector icon by DBCLS is licensed under CC-BY 4.0

(c) sars-cov-2-closed icon by Simon Dürr is licensed under CC0


Hinweis

Alle genannten Daten wurden im Rahmen eines Hochschulprojektes im Kurs Bioinformatik des Studiengangs Biotechnologie an der Beuth Hochschule für Technik Berlin ausführlich recherchiert und nach bestem Wissen und Gewissen zusammengefasst. Dies ersetzt jedoch keinen ärztlichen Rat und auch keine ärztliche Diagnose. Bitte informieren Sie sich bei Symptomen oder Verdacht auf COVID-19 bei Ihrer zuständigen Gesundheitsbehörde.